Über den Tellerrand schauen
Neue Blickwinkel für deine Lebensbereiche
Warum tun das so wenige Menschen – über den Tellerrand schauen? Wie wir im Bild oben sehen, kann das durchaus recht verheißungsvoll sein.
Figurfreundlicher ist es allerdings, die Sache einmal aus psychologischer Sicht zu betrachten: Über den Tellerrand schauen, bedeutet, sich mit Neuem zu beschäftigen.
Jedoch: Wo Neues ist, da ist auch Veränderung. Und Veränderung macht Angst – erst einmal. Plötzlich fehlt das Vertraute. Wir brauchen wieder mehr Energie, um uns zurecht zu finden, denn die Automatismen greifen nicht mehr.
Denke nur mal daran, wie das in einer neuen Wohnung ist. Alles musst du neu lernen: Die Lichtschalter, die neue Ordnung in den Schränken und natürlich die Namen der Nachbarn.
Ich stellte einmal den Messerblock in meiner Küche an eine andere Stelle und griff bestimmt noch 2 Wochen danach in die alte Richtung!
Um Richtungen geht es auch heute. Also – wohin schauen wir, wenn wir über den Tellerrand schauen? Zum Beispiel
- in unserem Job
- in unseren Beziehungen
- bei unserer Gesundheit
- in unserer Freizeit
Es gehört zum Achtsamen Selbstmanagement und zur Zielplanung: In den verschiedenen Lebensbereichen immer wieder über den Tellerrand zu schauen. Nur dann erkennst du, ob deine festgelegten Ziele noch die richtigen sind. Und wenn nicht? Dann darfst du sie in Ruhe anpassen.
Über den Tellerrand schauen
Im Job: Das Ende der Fahnenstange
Dazu eine meiner Lieblingsgeschichten:
„Eine Gruppe von Top-Managern hat in einem Executive-Seminar die Aufgabe, die Höhe einer Fahnenstange zu messen.
Sie gehen hinaus auf die Freifläche, beschaffen sich eine Leiter und einen Zollstock. Die Leiter ist jedoch viel zu kurz.
Also holen sie noch einen Tisch und stellen die Leiter darauf. Es reicht allerdings immer noch nicht. Sie stellen noch einen Stuhl auf den Tisch. Das ist bereits ziemlich wackelig, und so fällt der ganze Aufbau immer wieder um.
Alle reden gleichzeitig. Jeder hat andere Vorschläge zur Lösung des Problems. Bald schon geht es nur noch darum, wessen Vorschlag nun der beste ist.
Und dann ist die Lösung so einfach
Da kommt ein Ingenieur vorbei, sieht sich das Treiben ein paar Minuten lang an und schüttelt nur mit dem Kopf. Wortlos zieht er die Fahnenstange aus dem Boden, legt sie hin, nimmt den Zollstock und misst die Stange von einem Ende zum anderen.
Das Ergebnis schreibt er auf einen Zettel, drückt ihn einem der Manager in die Hand und geht weiter.
Kaum ist er verschwunden, sagt einer der Top-Manager: »Das war mal wieder typisch Ingenieur! Wir müssen die Höhe der Stange wissen und er sagt uns die Länge! Und genau deshalb lassen wir diese Leute auch nie in den Vorstand“.
Wer nur seine eigene Welt kennt, der urteilt oft zu schnell. In der Arbeitswelt treffen wir immer wieder auf dieses Phänomen, besonders bei der Personalauswahl. In meiner Zeit als Personalleiterin waren mir die etwas „schrägen“ Lebensläufe immer am liebsten. Und so manches Mal habe ich dem Papier nicht geglaubt und nach einem persönlichen Gespräch einen tollen Kollegen eingestellt.
Über den Tellerrand schauen
In Beziehungen: Genau wie ich
Diese Geschichte ist zwar auch aus dem beruflichen Umfeld, doch passt sie auf jede Art von menschlichen Beziehungen:
„Es gab eine Führungskraft im Team, die ein wenig speziell war. Eng im Denken und so manches Mal von einer solchen „Bauernschläue“, die schon an Hinterlist grenzte.
Niemand mochte so richtig gerne mit dem Kollegen zu tun haben, doch ich hatte natürlich häufig Personalthemen mit ihm zu klären. Vor jedem Termin hatte ich schlechte Laune und musste alle Achtsamkeit und Professionalität mobilisieren, um gelassen zu bleiben.
Da las ich eines Tages das Buch „Search Inside Yourself: Optimiere dein Leben durch Achtsamkeit“ von Chade-Meng Tan und Andrea Panster und fand darin die Übung „Genau wie ich“.
Es geht darum, dass man sich bei einem anderen Menschen, zu dem der Zugang in irgendeiner Art gestört ist, einfach mal überlegen soll, dass dieser Mensch
-
- genau wie ich glücklich sein möchte
- genau wie ich gesund sein möchte
- genau wie ich Sorgen und Ängste hat und
- genau wie ich auch Träume und Wünsche hat
Es funktionierte!
Der genauere Inhalt würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, doch ich probierte die Übung beim nächsten Treffen sofort aus. Ich war wirklich völlig tiefenentspannt und von Herzen offen, was der Kollege natürlich sofort spürte.
Und so öffnete auch er sich und wir führten das beste Gespräch miteinander, das wir je gehabt hatten. Man konnte die Veränderung so deutlich greifen, dass eine liebe Kollegin mit einem Augenzwinkern seitdem nur noch von „meinem neuen Freund“ sprach.“
Auch hier hatte der Blick über den Tellerrand geholfen, dass ich von da an völlig unkompliziert und entspannt mit dem Kollegen zusammenarbeiten konnte.
Über den Tellerrand schauen
Bei der Gesundheit: Spieglein, Spieglein an der Wand
Es gibt so eine richtig fiese Übung im Rahmen diverser ganzheitlicher Gesundheits-Seminare: Da sollst du dich ohne Kleidung vor einen Spiegel stellen und dich wirklich anschauen.
Mit all deinen Macken, grauen Haaren und Kilos, die zu viel sind. Sinn der Übung ist es, dass man lernt, „über den Tellerrand zu schauen“ und zu sehen, was da noch alles ist.
Denn Gesundheit ist so viel mehr als nur körperliches Wohlbefinden: Was nützt mir eine Kleidergröße 36, wenn mein Geist düster ist und meine Seele weint?
Und wieviel trägt eine ausgeglichene Gemütslage zu unserem geistigen und seelischen Wohlbefinden bei?
In einem anderen Artikel schrieb ich darüber, dass Schmerz und Leiden zwar nicht dasselbe sind. Sie hängen jedoch durchaus zusammen. Und es ist ungeheuer wichtig, dass Schmerz nicht noch durch „hausgemachtes“ Leiden vergrößert wird.
Angst ist genauso blöd wie ein Gipsbein – nur sieht die keiner
Und trotzdem ist bei vielen Menschen der Gang zum Arzt wegen einer Erkältung viel weniger problematisch, als der Gang zum Therapeuten wegen einer Angsterkrankung.
Gerade in Zeiten wie diesen, wo die psychischen Erkrankungen aufgrund der Pandemie zunehmen, sollte es selbstverständlich sein, jemanden mit einer Panikattacke an der Supermarktkasse genauso vorzulassen wie jemanden mit einem Gipsbein.
Blöd ist nur, dass man die Panikattacke nicht sieht – deshalb wünsche ich allen, die darunter leiden, sie genauso anzunehmen, als hätten sie ein Gipsbein und dann einfach zu fragen, ob man vorgelassen wird.
Über den Tellerrand schauen
In der Freizeit: Segeln und neue Ufer
Mein Mann ist Segler. Also war unsere Urlaubsgestaltung bestimmt 20 Jahre lang bereits vorprogrammiert. Er war damit aufgewachsen und kannte (fast) nichts anderes – ich schon.
Es war ein etwas schleichender Prozess – um es einmal liebevoll auszudrücken – meinen Mann davon zu überzeugen, doch mal über den Tellerrand bzw. in seinem Fall über die Schiffsreling zu schauen.
Als kluge Ehefrau machte ich das Schritt für Schritt: Zunächst nach dem Segeltörn noch 3 Tage in ein Hotel. Mit den Jahren hatte ich mich dann auf 10 Tage Hotel hochgearbeitet. Und ich gebe zu, dieser zweite Teil des Urlaubs gefiel mir nach und nach immer besser.
Irgendwann war es dann soweit: Die Segelwoche war fast rum. Wir steuerten nach einer Mallorca-Umrundung bei heftigem Seegang gerade wieder den Ausgangshafen an, als ich mich einmal nicht richtig festhielt und bei der nächsten hohen Welle quer durchs Cockpit flog.
Das war’s! Als die nächste Urlaubsplanung anstand, fasste ich mir ein Herz und sagte ihm, dass ich nicht mehr mit zum Segeln käme. Klar war er enttäuscht, doch zum Glück war der Rand der Reling wohl niedrig genug gewesen: Er ging seit dem „mit den Jungs“ segeln – ich gönnte es ihm von Herzen.
Und auf einmal gab es gar keinen Rand mehr, denn im letzten Jahr kauften wir uns ein Wohnmobil. Ich bin sehr glücklich, denn DAS liegt bestimmt nicht so schief, und bei Bedarf kann man wenigstens rechts ran fahren… .
Über den Tellerrand schauen
Nach so viel Text hier etwas zum Tüfteln
Passend zum Thema hier nun eine Aufgabe:
Versuche, alle 9 Punkte mit 4 Linien zu verbinden OHNE den Stift einmal abzusetzen!
Wenn du das schon kennst, ist es einfach. Wenn nicht, dann probier ein wenig herum. Und wenn du gar nicht draufkommst, dann findest du hier im Video die Lösung dazu.
Genauso gibt es eine Lösung, wenn du dich vielleicht noch schwertust, einmal über den Tellerrand zu schauen. Du kannst natürlich viel lesen oder dich im Internet schlau machen. Aber kommst du damit auch ins TUN?
Wäre es nicht einfacher, dir jemanden an die Seite holen, der das mit dir macht? Jemanden, der völlig neutral auf mögliche Veränderungen mit dir schaut und dir damit die Angst davor nimmt. Der Ideen hat und dich begleitet.
Nimm es gleich als erste Übung, aus Gewohntem herauszutreten und melde dich – wir blicken dann gemeinsam für dich in alle Richtungen