Fehlerkultur
Über den produktiven Umgang mit Fehlern
Praktische Tipps aus der Psychologie
Fehlerkultur mutiert in so manchen Unternehmen schon fast zum Buzzword. Da gibt man sich gerne jovial und aufgeschlossen, wenn der Himmel blau ist und die Sonne scheint.
Aber wehe, die Hütte brennt – dann sind sie schnell da, die gut geölten Mechanismen und eingefleischten Konditionierungen.
Doch auch bei jedem Einzelnen sind es Persönlichkeitsmerkmale und die oft damit verbundenen Glaubenssätze, die zu großen Unterschieden führen, wie jemand mit Fehlern umgeht.
Ich habe einen Fehler gemacht!
Und so einen richtig blöden…
Du siehst es schon im Bild: In meinem letzten Newsletter war ein Fehler! Und es war kein Kardinalfehler – nein, es musste gleich der Papst sein (aber hier jetzt richtig geschrieben)!!
Ich liebe es, meine Newsletter an meine LeserInnen zu schicken! Mich erinnert das ein wenig an die früheren Brieffreundschaften. Jeder Newsletter ist für mich ein Unikat, und daher mache ich mir immer besonders viel Mühe damit.
Dieser Moment –
– wenn man merkt, der Fehler ist unwiderruflich draußen!!
Und dann erreicht mich letzten Sonntag DIESE Nachricht einer lieben Freundin und treuen Leserin!! Fehlerkultur ist im Stadium „Puls 180 gekoppelt mit erhöhtem Adrenalinausstoß“ dann gerade mal eher kein Thema!
Ein kleiner irrer Hoffnungsschub ließ mich automatisch und umgehend zum iPad greifen, um das sofort zu ändern. Doch dann kam sie mit Macht, die brutale Erkenntnis: „Das ist nicht die Homepage – das ist der Newsletter! Und DER ist draußen!!“
Beruhigung
Wenn die Achtsamkeits-Praxis greift
Was dann passierte, war erstaunlich: In dem Moment, als ich begriff, dass nichts zurückzurudern, nichts mehr zu ändern war, ließ ich augenblicklich los!
Und bemerkte ihn sofort, den kleinen listigen Perfektionismus-Teufel, der da auf meiner Schulter hockte und versuchte, mich zu ärgern: „Wie blöd bist Du denn? Hättest ja ruhig nochmal ordentlich Korrektur lesen können!“
Und weil Achtsamkeit auch die Fehlerkultur beeinflusst, und zwar besser als irgendwelche dahingesagten Lippenbekenntnisse nach hippen „Motivationsseminaren“, machte ich mit dem Teufelchen einen Deal: „Wir korrigieren das, aber anders! Ich schreibe nicht erst in zwei Wochen, sondern direkt in der kommenden Woche den nächsten Blogartikel. Und der hat dann das Thema „Fehlerkultur“!
Hinfallen – Aufstehen
Krone richten und weitermachen
Es kam noch dicker! Immer wenn ich meinen Newsletter verschicke, schaue ich regelmäßig in den Report meines E-Mail-Marketing-Systems. Dort sieht man genau, wie oft Newsletter geöffnet wurde und wie oft die Links geklickt wurden.
Und wieviele Leser sich abgemeldet haben, das sieht man auch! Glaube mir, jede einzelne Abmeldung schmerzt; auch wenn ich natürlich weiß, dass das 1000 Gründe haben kann. Und mich ja selber auch oft genug aus Newslettern wieder abmelde.
Und ausgerechnet bei diesem Newsletter mit dem „Papst-Fehler“ waren es die meisten Abmeldungen, die ich je hatte!!
Das Teufelchen feierte seine miese Fehlerkultur und hüpfte auf und ab: „Siehste!!“
„Sei still!“, zischte ich und besann mich auf meine Fehlerkultur: Das zu nutzen, was ich wirklich gut kann – die Psychologie!
Attributionstheorie
Was die Persönlichkeit mit der Fehlerkultur zu tun hat
Ich habe sie noch, die guten alten Bücher aus meinem Studium. Man achte einmal genau auf das Cover des Buches – 1996er Ausgabe, aber die grundlegenden Theorien stimmen noch.
Verschiedene Wissenschaftler im Bereich Psychologie, wie z.B. Martin Seligmann oder Bernhard Weiner entwickelten im Rahmen der Attributionstheorie Klassifikationssysteme, wie sich Menschen vermeintliche Ursachen erklären. Diese Systeme beschreiben die Dimensionen, anhand derer die Menschen bei den Phänomenen, die ihnen begegnen, Attributionen vornehmen.
Die erste Dimension ist die des Geltungsbereiches: Ist die Ursache generell, d.h. allgemein gültig („alle“ oder „jeder“) oder spezifisch: eine Person oder Sache betreffend („genau dieser“ oder „nur die“).
Die zweite Dimension ist die Variabilität: Ist der Grund für ein Verhalten eher stabil, d.h. es ist immer so („mein ganzes Leben“) oder variabel, d.h. veränderlich („heute“).
Die dritte Dimension ist die sogenannte Lokation: Liegt die Ursache in der Person oder in der Situation? Dabei steht intern für Begriffe wie „meinetwegen“, „in mir“ und bezieht sich auf die Person.
Entsprechend bezeichnet der Begriff extern, dass die Attribuierung sich auf das Außen bezieht und die Umgebung betrifft. Der Grund liegt nicht in meiner Person.
Der Fehler im Newsletter
und die Möglichkeiten, damit umzugehen
Diese Tabelle der Attributionstheorie begegnet einem im Psychologiestudium neben der Sozialpsychologie auch in der Klinischen Psychologie. Denn durch sie kann sehr schön erklärt werden, welche spezifischen Attributionsmuster z.B. bei depressiven Menschen vorherrschen.
Deren Fehlerkultur ist in den meisten Fällen von internaler stabiler Generalisierung geprägt: „Ich bin eben jemand, der immer Probleme hat“. Wenn sie dann mal etwas Schönes erleben, so schreiben sie dies nicht sich selbst zu und sehen es als variabel und spezifisch: „Na ja, ist halt Zufall, dass der mich anlächelt.; er meint bestimmt nicht mich.“
Resiliente Menschen hingegen reagieren auf eine Niederlage oder einen Fehler mit variabler und spezifischer Attribuierung und haben ein sicheres Gespür dafür, ob es an ihnen oder an den Umständen lag: „Ist halt dumm gelaufen, beim nächsten Mal klappt es sicher!“
Fehlerkultur in Paarbeziehungen
Der Unterschied zwischen glücklich und unglücklich sein
Interessant ist die Attributionstheorie auch im Zusammenhang mit der Untersuchung glücklicher und unglücklicher Paare. Glückliche Paare attribuieren positives Verhalten des Partners internal, negatives Verhalten wird external attribuiert.
Beispiel 1: Wenn er ihr Blumen mitbringt, liegt das daran, dass er so aufmerksam ist.
Beispiel 2: Wenn er nicht pünktlich zur Verabredung kommt, dann deshalb, weil es einen Unfall auf seiner Strecke gab, und er im Stau stand.
Unglückliche Paare hingegen bewerten die Ursachen für Verhalten genau anders herum: Positives Verhalten des Partners wird external, negatives internal attribuiert.
Beispiel 3: Wenn er ihr Blumen mitbringt, dann macht er das, weil seine Assistentin eh gerade Blumen für’s Büro besorgt hatte.
Beispiel 4: Wenn er nicht pünktlich zur Verabredung kommt, dann deshalb, weil er unzuverlässig ist und es nie schafft, Termine einzuhalten.
Die richtige Fehlerkultur
oder „aus der Not eine Tugend machen“
In Bezug auf meinen „Papst-Fehler“ und meine Reaktion darauf (du liest sie gerade) stellte ich also mit Freude fest, dass ich mit meinem konstruktiven Verhalten wohl zur Gruppe der resilienten Menschen gehöre!
So groß der Schreck und auch der Ärger über mich nach der Nachricht von Bettina war, ich verfiel nicht ins Jammern! Stattdessen habe ich den „Fehler“ positiv und produktiv genutzt – denn dieser Blogartikel floss nur so in die Tastatur. Und das Schreiben hat mir dieses Mal besonders viel Freude gemacht!
Und in meine Achtsame Tagesplanung schreibe ich heute unter
Ich freue mich: „über den gelungenen Blogartikel zum Thema „Fehlerkultur““ und unter
Ich bin dankbar: „für die produktive Umwandlung des „Papst-Fehlers““.
Und wenn doch wieder ein Fehler in diesem Blogartikel oder im nächsten Newsletter ist – du weißt ja jetzt, wie ich damit umgehe…
Was ist mit dir?
Wie reagierst du, wenn du Fehler machst?
Bist du neugierig geworden, wie die Psychologie dein Selbstmanagement beeinflusst? Willst du wissen, ob es vielleicht dein Umgang mit Fehlern ist, der dich am Erreichen so mancher Ziele hindert?
Und willst du erfahren, wie du solche psychologischen Erkenntnisse für den Aufbau deiner ganz individuellen mindfulnessence sinnvoll nutzt?
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